"Pressemitteilung des Bündnisses Verkehrswende Köln
Ost-West-Tunnel schöngerechnet
Was Oberbürgermeisterin Frau Reker immer betont hat: Der Ost-West-Tunnel kann nur gebaut werden, wenn er förderfähig ist. Dazu bedarf es eines sogenannten Nutzen-Kosten-Indikators von mindestens 1,0. Diesen Wert erreichte der Tunnel im Jahr 2018 gerade mal so eben. Trotz enormer Kostensteigerungen um 45% liegt der Nutzen-Kosten-Indikator nun aktuell auf wundersame Weise bei 1,4. Die oberirdische Variante 2018 hatte einen Nutzen-Kosten-Indikator von 2,3 und ist jetzt auf 1,3 gesunken. Obwohl diese Variante eine viel geringere Bauzeit hat, weitaus weniger klimaschädlich, viel kostengünstiger und barrierefreier ist. Wir bezweifeln diese Ergebnisse. Nicht ohne Grund wird die Nutzen-Kosten-Untersuchung dazu unter Verschluss gehalten. Selbst die Ratsmitglieder, die über die Varianten zu entscheiden haben, bekommen sie nicht. Den vorliegenden Beschlussvorlagen können wir jedoch entnehmen, dass die Kriterien darauf ausgerichtet wurden, möglichst viel Gewichtung auf die Tunnelvariante zu legen. Hier einige Beispiele:
Reine Bauzeit: Die Stadt rechnet mit einer reinen Bauzeit für den Tunnel von 12 Jahren. Der Kollateralschaden für den Einzelhandel wird durch die erheblichen Bautätigkeiten massiv unterschätzt. Hingegen benötigt der oberirdische Ausbau in der Innenstadt nur 3-5 Jahre mit erheblich weniger Sperrungen und Dreck in der Innenstadt.
Der Fahrtzeitgewinn: Legt man die Daten der Anlage 4.2 der Ratsvorlage zugrunde ergibt sich nur ein Zeitgewinn von 2,4 -2,8 Minuten zwischen Oberirdischer- und Tunnel-Variante (von Bahnsteigkante Heumarkt bis zur Moltkestraße). Die zusätzliche Fahrgastreisezeit von mindestens 5 Minuten für Auf- oder Abstieg, für die 29 m Stationstiefe Neumarkt, Rudolfplatz, wird nicht berücksichtigt. Das ergibt in der Tunnelbilanz für die meisten Fahrgäste keinen Zeitgewinn, sondern einen Reisezeitverlust. Auch für die oberirdische Variante wird ein Zeit- und Sicherheitsgewinn diagnostiziert, der vor allem durch die Zusammenlegung beider Fahrtrichtungen in der Mittellage der Aachener Straße und die Herausnahme des MIV-Durchgangsverkehrs entsteht. Es ergibt sich ein Zeitgewinn von etwa 2,5 Minuten, der allerdings nicht dem Fahrplan gutgeschrieben wird. Man erwartet nur eine Verbesserung der Betriebsstabilität und Pünktlichkeit. Da die Auf- oder Abstiegszeiten entfallen, liegt hier in der Bilanz eine echte Verbesserung der Fahrgastreisezeit vor. An den City-Haltestellen steigen sehr viele Menschen aus und ein oder auch um. Die Tunnelbefürworter:innen betonen den Nutzen der Wenigen, die die Innenstadt durchqueren und haben explizit dargelegt, dass sie den Nutzen der Aus- und Umsteiger – also der meisten Fahrgäste – für irrelevant halten! Der Fahrgastwechsel in der City ist so groß, dass die durchschnittliche Reisezeit keineswegs länger wäre als bei Tunnellösung. Im Gegenteil: in den meisten Fällen ginge es „oben“ sogar schneller! Also: ein PLUS für oberirdisch,
Klima: Die Oberirdische Variante amortisiert sich klimapolitisch um Jahrzehnte früher als der Tunnel mit ca. 99.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Tunnel-Kilometer.
**Stadtraum: **Eine Verschlechterung im Stadtraum ergibt sich durch alle drei Tunnelrampen. Eine drastisch verschärfte Trennwirkung entstünde am Heumarkt sowie im Mauritiusviertel. Die Rampe am Heumarkt würde diesen bis auf einen schmalen Durchgang zerschneiden. Das Mauritiusviertel würde durch die Rampe unüberwindbar getrennt und die Haltestelle Mauritiuskirche entfiele ersatzlos. Der Stadtraum gewinnt hingegen durch eine im grünen Bett verlaufende Straßenbahn und dem Blickkontakt nach draußen. Die Herausnahme der Parkplätze und der überflüssigen Fahrbahnen für den Durchgangsverkehr bringt Gewinn: weniger Lärm, Gestank und Trennwirkung.
Kosten: Die Baukosten der Tunnelvariante liegen jetzt schon bei 1,4 Milliarden € brutto. Hingegen liegt die oberirdische Variante bei nur 220 Millionen € brutto. Fördergelder: Wenn Köln tatsächlich eine Bewilligung für das Milliardenprojekt erhält, dann maximal bis zu 90/95 % der errechneten Baukosten zum Bewilligungszeitpunkt. Die Kosten werden jedoch erfahrungsgemäß nach dem Bewilligungszeitpunkt bis zur Fertigstellung um mindestens das Dreifache steigen. Diese Kostensteigerung trägt dann Köln allein. Bei der Nord-Süd-Stadtbahn ist der ursprüngliche Eigenanteil der Stadt Köln von 55 Mio. auf über 1 Mrd. gestiegen (ohne die Einsturzkosten des Stadtarchivs). Wir fordern die Offenlegung des kompletten Gutachtens zum Nutzen-Kosten-Indikator beider Varianten und fordern von allen Verantwortlichen „OBEN BLEIBEN“. Denn das geht viel schneller, ist viel kostengünstiger, viel klimafreundlicher und barrierefreier.
Weitere Informationen: www.verkehrswende.koeln, Kontakt: info@verkehrswende.koeln"